I am planning to create an on-line project about the reception history of Kristallnacht--someday when I have time!
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Harold Marcuse (Reception history page; homepage)
SZ vom 09.11.1998 Es wird einige Zeit dauern, bis Normalität einziehen kann"Professor Brenner zur Lage 60 Jahre nach der Pogromnacht Das Büro liegt im vierten Stock des historischen Instituts in der Wagmüllerstraße. Es ist eine kleine Vierzimmerwohnung, in der jeder jeden kennt, vor allem den Professor: Michael Brenner. Seit eineinhalb Jahren unterrichtet der 34jährige gebürtige Oberpfälzer auf dem Lehrstuhl für Jüdische Geschichte und Kultur, einer bundesweit einmaligen Institution. Zuvor forschte er über jüdische Themen in Amerika, an der Columbia University in New York und zuletzt der Brandeis University in Waltham (Massachusetts). Die SZ sprach mit Brenner über seine Erfahrungen und Eindrücke. SZ: Zum 60. Mal jährt sich die Reichspogromnacht. Woran denken Sie? Brenner: Mich irritiert seit jeher der Begriff. Früher hieß es immer Kristallnacht, dann wurde es zur Reichspogromnacht, ein offizieller Begriff, den es im Grunde nie gab. Am besten ist, man spricht vom Novemberpogrom, das ist wirklich zutreffend. Es ist ja ein symbolische Ereignis für die Judenverfolgung in Deutschland. Es ist zugleich Beginn und Ende einer Entwicklung. Danach beginnt ein neuer Prozeß, nämlich die konsequente Vernichtung der Juden. Als Sie 1997 Ihre Arbeit aufnahmen, war ihr Ziel, nicht nur über die tränenreiche Geschichte der Juden zu lehren. Ich möchte dieses Kapitel auf keinen Fall ausklammern. Ich denke nur, wenn man den von der Stadt herausgegebenen Veranstaltungskalender durchblättert, dann sieht man, daß es in den nächsten Tagen genügend Beiträge gibt, sich das Grauen zu vergegenwärtigen. Wir wollen uns am Lehrstuhl stärker auf das jüdische Leben konzentrieren, das eben nicht nur auf den Holocaust abzielt. Es mangelt hier am selbstverständlichen Umgang mit jüdischer Kultur? In Deutschland lastet der Holocaust schwer. Es wird hier auch noch einige Zeit dauern, bis eine Normalität einziehen kann, wie es sie in den USA gibt, wo ein vielfältiges jüdisches Leben täglich stattfindet. Sie denken an eine große jüdische Gemeinde? Nicht nur. Die jüdische Gemeinde hat sich zwar in den vergangenen Jahren mehr als verdoppelt. Es ist jedoch die Frage, ob das eine Gemeinde ist, die hier bleibt und sich zum Judentum bekennt. Was müßte eine Stadt wie München tun, um zur Normalität zurückzufinden? Von offizieller Seite kann man wenig tun. Man kann nicht zwanghaft jüdisches Leben wiedererwecken. Dieser Illusion sollte man sich auf keinen Fall hingeben. Jüdische Kulturwochen oder auch ein Lehrstuhl sind nicht gleichzusetzen mit einem starken jüdischen Leben. Das müssen die Gemeinden von sich aus schaffen, indem sie wieder ein geistige Führung aufbauen. Im übrigen gilt: Je mehr man von einer Normalität sprechen muß, desto weiter ist man davon entfernt. Zeigen Studenten Interesse an der jüdischen Geschichte? Es gibt ein starkes Bedürfnis, etwas über das Leben der Juden jenseits ihrer Rolle als Opfer zu erfahren. Wie lebten sie im Mittelalter, oder wie ist ihre Kultur in anderen europäischen Ländern? Das sind Fragen, die zunehmend beschäftigen. Vielleicht auch, weil diese Leben für viele etwas Exotisches hat. Übt der Lehrstuhl als bundesweit einmalige Institution Anziehungskraft aus? Die meisten Studenten kommen sicherlich aus München. Sie studieren Geschichte und nehmen ein bis zwei Veranstaltungen zur jüdischen Geschichte wahr. Darüber hinaus gibt es eine kleinere Gruppe, die sich bewußt auf den Schwerpunkt konzentriert und auch Neuhebräisch und Jiddisch lernt. Das sind junge Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet, die nach München kommen, um das Fach zu studieren. Müßte der neue Schwerpunkt eine eigene Disziplin werden? Mir ist es wichtig, in das Fach Geschichte integriert zu sein. Dieses sollte sich noch stärker für außereuropäische Kulturen öffnen; also nicht nur für die jüdische, sondern auch lateinamerikanische, afrikanische etc. So kenne ich das zumindest von amerikanischen Unis. Hier ist jedoch die Geschichte stark eurozentriert. So fehlt es etwa auch an einem Lehrstuhl für Islamistik. Immerhin leben in Deutschland zwei Millionen Muslime. Sie haben im vergangenen Jahr immer wieder prominente jüdische Gäste aus den USA oder Israel nach München geholt. War das schwierig? Für die meisten war es kein Problem, in die einstige Hauptstadt der Bewegung zu kommen. Zur Vortragsreihe 50 Jahre Staat Israel" sind wider Erwarten sogar alle acht Wunsch-Referenten erschienen. Ich glaube, es spricht sich mittlerweile herum, daß auch in Deutschland ein Interesse an der korrekten wissenschaftlichen Aufarbeitung der jüdischen Geschichte besteht. Gibt es an der Universität einen latenten Antisemitismus? Haben Sie schon Drohbriefe erhalten? Es kamen einmal zwei oder drei Postkarten. Ich habe mit Schlimmerem gerechnet. Es gibt sicherlich einen latenten Antisemitismus in der Gesellschaft. Wenn es diesen in der Gesellschaft gibt, dann auch an der Universität. Bislang bin ich damit jedoch nicht persönlich konfrontiert worden. Der Antisemitismus richtet sich auch eher gegen explizit jüdische Einrichtungen und vielmehr noch gegen Ausländer. Zögerten Sie angesichts der Vergangenheit der Stadt, den Ruf anzunehmen? Ich habe es mir gut überlegt, aber ich habe es nicht bereut. Interview: Christine Burtscheidt |
translation by babelfish, tweaked "It will some time before we return to normality"Professor Brenner on the situation 60 years after the Pogrom night. The office lies in the fourth floor of the historical institute in Wagmueller street. It is a small four bedroom apartment, in which everyone knows everyone, above all professor: Michael Brenner. For one and a half years the 34 year old native Oberpfaelzer has the chair for Jewish history and culture, a unique institution in West Germany. Previously he researched about Jewish topics in America, at Columbia University in New York and Brandeis University in Waltham (Massachusetts). The Sueddeutsche Newspaper spoke with Brenner about his experiences and impressions. SZ: It is the 60th anniversary of the Reichspogromnacht. What do you think? Brenner: The term has irritated me for quite a while. In former times it was always called Crystal Night, then it became the Reichspogromnacht, an official term, which was never used. It is best to speak of the Novemberpogrom, that is really applicable. It is a symbolic event for the persecution of Jews in Germany. It is at the same time beginning and end of a development. Afterwards a new process begins, i.e. the consistent destruction of the Jews. When you took up your work in 1997, your goal was to teach about more than only the tearful history of the Jews. I would certainly not want to exclude this chapter. I think only, if one pages through the meeting calendar published by the city, then one sees that there are sufficient contributions in the next days to realise the horror. We want to concentrate at the chair more strongly on Jewish life, which does not only include the Holocaust. Is a natural handling of Jewish culture lacking here? In Germany the Holocaust is a heavy burden. It will take some time until a normality can set in, as it has in the USA, where a rich Jewish life takes place daily. You think of a large Jewish community? Not only. The Jewish community more than doubled itself in the past few years. It is however the question whether there is a communty, which remains here and professes themselves to the Jewishness. What would a city such as Munich have to do, in order to find the way back to normality? From official side one can do little. One cannot again arouse vigorous Jewish life. We shouldn't yield to this illusion. Jewish culture weeks or also a professorship are not to be equatee with a strong Jewish life. The communities for their part must create that, by developing again spiritual leadership. In all other respects applies: The more we try to speak of a normality, the farther we are from it. Do students show interest in Jewish history? There is a strong need to experience something about the life of the Jews beyond their role as victims. How did they live in the Middle Ages, or how their culture is in other European countries? Those are questions, we increasingly encounter. Perhaps also, because has these lives for many something exotic. Does the professorship exercise attraction as a countrywide unique institution? Most students surely come from Munich. They study history and one or two courses on Jewish history. Beyond that there is a smaller group, which concentrates consciously on the emphasis and learns also modern Hebrew and Yiddish. Those are young people from the whole country who come to Munich in order to study the subject. Would the new emphasis have to become its own discipline? It is important to me to be integrated into the history department. History should open still more strongly for non-European cultures; thus not only for the Jewish, but also Latin American, African etc. This I know from American universities. Here however history is strongly eurocentric. Thus it is missing also a chair for Islamic Studies, for example. Nevertheless live in Germany two million Muslims. You brought prominent Jewish guests from the USA or Israel in the past year to Munich. Was that difficult? For most it was not a problem to come into the former capital of the Nazi movement. In the lecture series "50 years State of Israel" all eight presenters came--against our expectations. I believe, word has meanwhile spread that in Germany an interest in the scholarly study of Jewish history exists. Is there a latent antisemitism at the university? Did you already receive threatening letters? Once two or three postcards came. I expected worse. There is surely a latent antisemitism in our society. If they are there in the society, then also at the university. So far I was however not personally confronted with it. The antisemitism is directed also rather against explicitly Jewish institutions and especially against foreigners. Did you hesitate in view of the past of the city to accept the professorship? I thought about it seriously, but I did not reret it. Interview: Christine Burtscheidt |